Arbeitszeugnis Holschuld – was tun, wenn der Arbeitgeber das Zeugnis nicht zusendet?
Nicht immer ist klar, ob es sich bei einem Sachverhalt um eine Holschuld oder um eine Bringschuld handelt. Eindeutig geregelt ist das Holen bzw. Bringen jedoch beim fertiggestellten Arbeitszeugnis. Grundlage ist hier § 269 BGB, in welchem der Leistungsort eindeutig festgelegt ist. Der Schuldner (Arbeitgeber) schuldet die Leistung (Arbeitszeugnis) am Leistungsort (Geschäftssitz des Arbeitgebers).
Ein untrennbarer Begriff also ist die Arbeitszeugnis Holschuld. Sie obliegt dem Zeugnisempfänger, wenn er in den Besitz des fertiggestellten und unterzeichneten Arbeitszeugnisses gelangen möchte. Es ist folglich zuallererst seine Aufgabe, hier aktiv zu werden.
Vielleicht haben Sie es in Ihrer beruflichen Vergangenheit oftmals anders erlebt und deshalb als Selbstverständlichkeit betrachtet, wenn Ihnen der ehemalige Arbeitgeber Ihr Arbeitszeugnis ohne weiteres zugesendet hat. Eine nette Geste seinerseits – aus der sich jedoch keinerlei rechtliche Ansprüche ableiten lassen. Ebenso lautet es in § 269 Abs. 3 BGB: “Aus dem Umstand allein, dass der Schuldner die Kosten der Versendung übernommen hat, ist nicht zu entnehmen, dass der Ort, nach welchem die Versendung zu erfolgen hat, der Leistungsort sein soll.”
Der Arbeitgeber ist lediglich verpflichtet, das erstellte Arbeitszeugnis in seinen Räumlichkeiten zur Abholung durch den Zeugnisempfänger bereit zu halten (BAG Urteil vom 8. März 1995 – 5 AZR 848/93). Mehr muss er nicht tun – nur im Ausnahmefall.
Ausnahmen von der Regel
Es kann gute Gründe geben, welche es dem Zeugnisempfänger unmöglich machen, der Arbeitszeugnis Holschuld nachzukommen. So ist dies zum Beispiel dann der Fall, wenn dem ehemaligen Arbeitnehmer die Abholung des Zeugnisses aufgrund eines Wohnortwechsels aus Kostengründen nicht zugemutet werden kann (Stichwort “nachwirkende Fürsorge” des Arbeitgebers). Ein weiterer Punkt ist die schuldhafte Verzögerung der Zeugniserstellung durch den Arbeitgeber. Monat um Monat vergeht und Ihnen liegt das Arbeitszeugnis trotz mehrfacher Anforderung nach einem Jahr immer noch nicht vor. Das Verschulden liegt dann eindeutig beim Arbeitgeber – folglich kehrt sich die Arbeitszeugnis Holschuld in eine “Arbeitgeber Schickschuld”. Unumstritten ist der Sachverhalt ebenfalls dann, wenn der Zeugnisempfänger eine fristlose Kündigung mit Hausverbot erhalten hat. Die Fakten sind offensichtlich und die durch den ehemaligen Arbeitgeber veranlasste Zusendung des Zeugnisses Voraussetzung für die Aufrechterhaltung des Hausverbotes.
Im Regelfall liegt dem Akt der Zeugnisübergabe also eine Holschuld des Arbeitnehmers zugrunde, welche im BGB manifestiert ist.
DZP-TIPP: Sprechen Sie das Thema der Zeugnisübergabe bei Ihrem Arbeitgeber an. Legen Sie gemeinsam fest, wer wann was macht. Abholen oder Zusenden – das ist hier dann keine Frage mehr.